JUSTUS CASPER | 20.01.2021 (Update vom 14.10.2021)| RECHT & ORDNUNG
Kommt die Umwandlungsbremse für Mietshäuser?
In vielen Regionen Deutschlands ist es gelebte Praxis von Investoren, Mietshäuser aufzuteilen und einzelne Wohneinheiten gewinnbringend zu veräußern. Für die Mieter ist dieser Umstand oftmals nicht nur mit gleichzeitig durchzuführenden Sanierungen verbunden. Vielmehr droht im Falle einer beabsichtigten Eigennutzung durch den Erwerber eine Eigenbedarfskündigung. Die sogenannte Umwandlungsbremse als Teil des Baulandmobilisierungsgesetzes dürfte diese Handhabe in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt künftig erheblich erschweren.
Was ist der Unterschied zwischen Mietshäusern und Eigentumswohnungen?
Im Regelfall handelt es sich bei einem sogenannten Mietshaus um einen Wohnkomplex mit mehreren Mietwohnungen, der rein formal betracht aus grundbuchlicher und baurechtlicher Sicht als einzelnes großes Wohnobjekt zu werten ist. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Immobilie in der Praxis (also physisch) in mehrere Mietwohnungen unterteilt ist. So besteht für Miethäuser im Regelfall nur ein einzelner Grundbuchauszug. Eine Veräußerung des Mietshauses kann im ungeteilten Zustand nur als Gesamtobjekt erfolgen.
Wird ein entsprechendes Mietshaus nicht nur physisch, sonder auch formal aufgeteilt und durch notarielle Beurkundung einer Teilungserklärung sogenanntes Wohnungseigentum begründet, spricht man von einer Umwandlung. Durch diesen Vorgang entstehen mehrere einzelne Wohneinheiten, auch Eigentumswohnungen genannt, die jeweils ein separates Grundbuchblatt erhalten und damit auch separat veräußert werden können. Die Rechte und Pflichten der Eigentümer untereinander (insbesondere Instandhaltungspflichten gemeinschaftlich genutzter Gebäudeteile) sind hierbei im Rahmen der Teilungserklärung sowie durch das Wohnungseigentumsgesetz definiert.
Warum kann sich die Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnung lohnen?
Für gewöhnlich gestaltet sich der Verkauf einzelner Wohneinheiten deutlich lukrativer. Erfahrungsgemäß lassen sich im Rahmen der Einzelveräußerung deutlich höhere Verkaufspreise im Gesamtergebnis erzielen, als dies im Falle des Verkaufes als Gesamtobjekt möglich wäre. So zielt die potenzielle Käuferzielgruppe ungeteilter Mietshäuser in erster Linie auf private und gewerbliche Investoren ab, denen es im Rahmen von Immobilieninvestitionen im Wesentlichen um den Ertrag und die Erwirtschaftung attraktiver Renditen geht. Hierbei spielen primär die „knallharten Zahlen und Fakten“ eine entscheidende Rolle. Emotionale Faktoren werden oftmals vernachlässigt oder gänzlich ausgeblendet.
Anders im Falle des Verkaufes einzelner Wohneinheiten. Zwar sprechen etwaige Kaufangebote je nach Lage und Objekttyp durchaus auch Investoren an. Darüber hinaus zählen jedoch aufgrund der verhältnismäßig geringeren Fläche insbesondere potenzielle Eigennutzer zur Käuferzielgruppe. Neben den Zahlen und Fakten sind es für Eigennutzer oftmals die emotionalen Faktoren, die zu einer Kaufentscheidung beitragen – schließlich muss die Immobilie eigene Anforderungskriterien erfüllen und gefallen! Auch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Angebotsknappheit sind potenzielle Eigennutzer daher oftmals bereit, für ihre Traumimmobilie Faktoren wie Ertrag und Rendite zu vernachlässigen und Preise am obersten Limit oder gar oberhalb des Marktniveaus zu zahlen.
Die vergangenen Jahre über hat sich genau dieser Effekt für private und gewerbliche Investoren teils als lukratives Geschäftsmodell herauskristallisiert. So erfolgt teils der Einkauf ungeteilter Mietshäuser zu einem günstigeren Quadratmeterpreis. Nach erfolgter Aufteilung in einzelne Wohneinheiten kann das Objekt anschließend gewinnbringend veräußert werden.
Was galt es bisher bei der Umwandlung von Mietshäusern zu berücksichtigen?
Die Umwandlung von Mietshäuser in Eigentumswohnungen hat zunächst keine direkten Auswirkungen auf bestehende Mietverhältnisse. So gelten die geschlossenen Mietverträge nach wie vor unverändert, für den Eigentümer ergeben sich aus der Umwandlung keine gesonderten Ansprüche gegenüber den Mietern. Er kann weder Mietverträge auf Basis der Umwandlung kündigen, noch vereinbarte Mieten neu festsetzen.
Da jedoch für die Mieter im Falle einer Einzelveräußerung ein erhöhtes Kündigungsrisiko aufgrund von Eigenbedarf besteht, schreibt der Gesetzgeber für diesen Fall den Mietern nach § 577 BGB ein Vorkaufsrecht zu. Entscheidet sich der Mieter gegen die Ausübung seines Vorkaufsrechtes, so besteht eine dreijährige Sperrfrist für Eigenbedarfskündigung. Diese kann vom Erwerber der Eigentumswohnung erst drei Jahre nach Eigentumseintragung im Grundbuch ausgesprochen worden. Die Bundesländer können Verordnungen erlassen, welche den Zeitraum bei Bedarf auf bis zu zehn Jahre erhöhen. Voraussetzung für diesen Mieterschutz ist das Bestehen des Mietvertrages bereits vor der Umwandlung in Eigentumswohnungen.
Was bedeutet nun die Umwandlungsbremse?
Ähnlich wie die Mietpreisbremse soll auch die Umwandlungsbremse lediglich für Region mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten. Die einzelnen Länder wären auf Basis der Gesetzesnovelle in der Lage, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten für eine Dauer von maximal fünf Jahren zu definieren. In diesen Gebieten wäre eine Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen nur mit behördlicher Genehmigung möglich – die Erteilung der Genehmigung wäre lediglich in Ausnahmesituationen verpflichtend. Zwar besteht ein etwaiger Genehmigungsvorbehalt bereits in sogenannten Milieuschutzgebieten (Gebiete, in denen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten bleiben soll). Die bisherigen Regelungen gehen der Politik jedoch nicht weit genug.
Weiterhin sieht die Gesetzesnovelle eine Erweiterung gesetzlicher Vorkaufsrechte vor. Konnten Kommunen auf Basis des Baugesetzbuches ein Vorkaufsrecht bisher nur in seltenen Fällen unter Erfüllung umfangreicher Voraussetzungen ausüben, soll die Ausübung von Vorkaufsrechten für Kommunen perspektivisch deutlich vereinfacht werden. Ebenfalls sind Erleichterungen für die Erteilung von Baugenehmigung geplant.
Die vergangenen Jahre stand die Umwandlungsbremse immer wieder auf der politischen Agenda. Insbesondere durch die Bestrebungen der bayrischen CSU sowie die bisherigen Fortschritte dürfte die Realisierung in absehbarer zu erwarten sein. Es stellt sich demnach wohl nicht mehr die Frage „ob?“, sondern „wann?“ die Umwandlungsbremse greift.
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Update per 14.10.2021
Nachdem zum 22.06. diesen Jahres das Baulandmobilisierungsgesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, trat bereits zum 23.06.2021 die Umwandlungsbremse in Kraft – geregelt ist diese in § 250 BauGB. Die entsprechenden Regeln sollen zunächst bis zum 31.12.2025 gelten.
Was hat sich nun konkret zum 23.06.2021 geändert?
Kommunen sind anhand der Gesetzesnovelle befähigt, Umwandlungen von Miethäusern in Eigentumswohnung für Gebäude mit mehr als fünf Wohneinheiten zu untersagen – die Bundesländer können die Grenze an Wohneinheiten auch von fünf auf drei Einheiten reduzieren. Voraussetzung für die Untersagung ist, dass der Wohnungsmarkt in entsprechendem Gebiet als angespannt gilt. Eine Definition dieser Gebiete kann die Landesregierung per Rechtsverordnung vornehmen.
Letztlich sind Ausnahmen vorgesehen, wenn mindestens zwei Drittel der Wohneinheiten an die vorhandenen Mieter verkauft werden oder im Erbschaftsfall das Objekt durch einzelne Erben selbstgenutzt werden soll. Auch wird eine wirtschaftliche Notlage durchaus als Ausnahmegrund akzeptiert.
Weiterhin hat das Land Niedersachsen die Sperrfrist zur Eigenbedarfskündigung nach Umwandlung per Verordnung von ursprünglich drei auf nunmehr fünf Jahre erhöht.