JUSTUS CASPER | 10.03.2021 | Recht & Ordnung
Neue Rechtsprechung – Instandhaltungsrücklage verringert die Grunderwerbsteuer nicht!
Bisher bestand im Rahmen von Immobilienkäufen die Möglichkeit, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer einzelne Position wie beispielsweise die Instandhaltungsrücklage vom Kaufpreis abzuziehen und so die Bemessungsgrundlage zu mindern. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist dies künftig nicht mehr bei allen Positionen möglich – die Instandhaltungsrücklage mindert die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht!
Wann fällt die Grunderwerbsteuer an und wie hoch ist sie?
Die Grunderwerbsteuer ist eine bei Eigentümerwechsel bundesweit zu entrichtende einmalige Steuer, die sich in der prozentualen Höhe je nach Bundesland unterscheidet und den umgangssprachlichen Kaufnebenkosten zuzuordnen ist. Die Begleichung der Grunderwerbsteuer ist per Gesetz bei Eigentümerwechsel zunächst Verkäufern und Käufern gleichermaßen (gesamtschuldnerisch) zugewiesen, wird jedoch im Rahmen von notariellen Kaufverträgen im Regelfall dem Käufer alleinig auferlegt.
Liegt der Grunderwerbsteuersatz in Niedersachsen derzeit bei 5 %, beträgt er unter anderem in Sachsen lediglich 3,5 %. In Brandenburg hingegen sowie einigen weiteren Bundesländern liegt der Grunderwerbsteuersatz gar bei 6,5 %. Bemessungsgrundlage ist der notarvertraglich vereinbarte Kaufpreis. Die einmalig zu entrichtende Grunderwerbsteuer ist nochmals von der im Regelfall vierteljährlich zu entrichtenden Grundsteuer zu unterscheiden.
Die Rechtsgrundlage für die Grunderwerbsteuer
Die bundesweit geltende Grunderwerbsteuer basiert auf dem seit 1983 bestehenden Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG). Während von Beginn an zunächst eine bundesweit einheitliche Grunderwerbsteuer in Höhe 3,5 % festgeschrieben wurde, dürfen die einzelnen Bundesländer auf Basis des Artikel 105 Grundgesetz seit dem Jahr 2006 den Grunderwerbsteuersatz individuell festlegen – der ursprüngliche Satz von 3,5 % stellt seither die Mindesthöhe dar.
Da das Grunderwerbsteuergesetz selbst keine Definition des Grundstücksbegriffes enthält, verweist es in § 2 auf die allgemeingültige Definition „im Sinne des bürgerlichen Rechts“ und schlägt so den Bogen zu § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Was ändert sich auf Basis der aktuellen Rechtsprechung?
Wie die Bezeichnung schon verdeutlicht, zielt die Grunderwerbsteuer in erster Linie darauf ab, den Erwerb von Grund- und Boden und alle damit fest verbundenen Bebauungen zu besteuern. Bisher war es demnach gängige Praxis, im Rahmen von Immobilienkaufverträgen einzelne Positionen für bewegliches Inventar (beispielsweise Einbauküchen oder sonstiges Mobiliar) separat auszuweisen und mit einem anteiligen Wert zu beziffern. Auch die im Falle von Eigentumswohnungen in der Regel vorhandene anteilige Instandhaltungsrücklage fiel unter diese Positionen und minderte bei separater Nennung im Kaufvertrag die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
Der bisher gelebten Praxis zum Abzug der Instandhaltungshaltungsrücklage bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer schiebt nunmehr zunächst das Finanzgericht Köln und letztlich auch der Bundesfinanzhof durch Rechtsprechung vom 16.10.2020 (Urteil II R 49/17) einen Riegel vor – der separate Ausweis der anteiligen Instandhaltungsrücklage im Kaufvertrag mindert die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nicht!
Begründet wird die Entscheidung mit der Tatsache, dass die Instandhaltungsrücklage grundsätzlich keinem einzelnen Eigentümer zugeordnet werden kann. Auch der anteilig für die erworbene Wohneinheit angesparte Rücklagenbetrag ist dem Verwaltungsvermögen der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft zuzuordnen und zählt somit nicht zum Eigentum eines einzelnen Miteigentümers. Ein Eigentümerwechsel hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Zuordnung der Instandhaltungsrücklage.
Wann fällt keine Grunderwerbsteuer an?
Ein Entfall der Grunderwerbsteuer ist lediglich in bestimmten Ausnahmesituation gegeben. So sehen § 3 des Grunderwerbsteuergesetzes sowie § 7 des Erbschaftssteuergesetzes eine Grunderwerbsteuerbefreiung bei Übertragung im Todesfall oder bei Schenkung zu Lebzeiten vor. Erfolgt die Übertragung von Grundbesitz im Zuge einer Erbschaft, unterliegt diese Transaktion der Erbschaftssteuer – die Grunderwerbsteuer kommt nicht zur Anwendung. Gleichermaßen wird im Rahmen einer Schenkung zu Lebzeiten der Schenkungssteuer Vorrang gegeben.
Weiterhin ist der Verkauf von Grundbesitz an einen Verwandten ersten Grades von der Grunderwerbsteuer befreit. Selbiges gilt für Transaktionen mit einem Kaufpreis unterhalb von 2.500 EUR. Für gewerbliche Immobilienkäufer bietet sich darüber hinaus die Möglichkeit, von sogenannten Share-Deals zu profitieren. Hierbei erwirbt der Käufer die Immobilien nicht direkt, sondern maximal 94,9 % Anteile an einer Gesellschaft, welche die Immobilien in ihrem Besitz hält – auch in diesem Falle ist die Transaktion von der Grunderwerbsteuer befreit.
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